«Nachhaltige Wärmelösung – auch für grosse Gebäude»

    Herr Jauslin, Sie sind Unternehmer, Präsident der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS) und Nationalrat. Wie bringen Sie diese und die anderen Aufgaben, die Sie auch noch bekleiden unter einen Hut?

    (Bild: zVg) Für Matthias Samuel Jauslin, Präsident der Fachvereinigung Wärmepumpen, sind die Chancen riesig.

    Viele würden antworten, es ist alles eine Frage der Organisation. Natürlich trifft diese Antwort auch auf mich zu, jedoch ergänzt mit meinem Leitspruch «Mut zur Lücke». Es ist äusserst wertvoll, dass ich auf kompetente und engagierte Kolleginnen und Kollegen zählen kann. Somit kann ich mich auf Themen konzentrieren, die ich als vordringlich erachte und auf solche, bei denen ich über das nötige Fachwissen verfüge. Bei der Parlamentsarbeit gibt es allerdings auch branchenfremde Themen, in die ich mich intensiv einarbeite, weil es mich interessiert.

    Sie sind Mitglied der nationalrätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie. Was ist heute wichtiger, die Fragen der Umwelt oder die Fragen der Energieversorgung? Was sollten wir tun?
    Vor einem Jahr war die Antwort einfach, denn die jederzeit verfügbare Energieversorgung war gewährleistet. Dies hat uns in der Frage der Versorgungssicherheit auch etwas lethargisch gemacht. Die rückläufige Gaslieferungen aus dem Osten, die europäisch eingegrenzten Stromproduktionen und der Krieg in der Ukraine hat aufgerüttelt und stellen uns vor neue Herausforderungen. Doch es hilft der Sache nicht, nun mit Schnellschüssen die Energie gegen die Umwelt auszuspielen. Da sind weiterhin ehrliche Interessenabwägungen notwendig. Es wird unserem Politsystem nicht gerecht, wenn ohne gute Diskussionen und ohne ordentliche Verfahren Projekte durchgeboxt werden. Doch die Verfahren müssen deutlich beschleunigt werden.
    Nun gilt es, mit verträglichen Massnahmen die Versorgungssicherheit aufrecht zu erhalten. Mit den aktuell geschaffenen Stromreserven sowohl bei Pumpspeicherkraftwerken wie auch bei den Restwasserbestimmungen und durch die gezielte Sensibilisierung aller Stromkonsumenten werden wir wohl schadlos durch diesen Winter kommen. Als nächster Schritt muss die mittel- und langfristige Versorgung auf ein gutes Fundament gestellt werden. Dazu gehört neben einer engen Zusammenarbeit innerhalb des europäischen Stromnetzes, den Zubau von allen möglichen Stromproduktionsanlagen. Bei Neubauten macht es Sinn, geeigneten Dach- und Fassaden mit Solarpanel zu bestücken. Neben den erneuerbaren Energien sind sämtliche baureifen Projekte bei den Wasserkraftwerken zügig zu realisieren. Die aktuellen Laufzeiten der bestehenden Kernkraftwerke sind zu überprüfen und notwendige Investitionen in die Sicherheit zu tätigen. Weitere Technologien, wie die Nutzung des Untergrundes oder Stromspeicherprojekte sind vorwärtszutreiben. Parallel dazu braucht es intelligentere Stromnetze, welche die dezentrale Produktion und den Verbrauch steuern können.

    Sie sind der Präsident der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz, FWS. Wie passt der Verkauf von stromgetriebenen Wärmepumpen zur sich abzeichnenden Strommangellage?
    Das eine tun und das andere nicht lassen, ist eine Redewendung, die zur aktuellen Situation passt. Wir dürfen heute nichts installieren, was uns in den nächsten 20 Jahren auf die Füsse fällt. Die Strommangellage haben wir in zwei bis drei Jahren im Griff. Also ist es wichtig, dass nicht aus kurzfristigen Überlegungen auf fossil betriebene Heizsysteme gesetzt wird. Neubauten werden schon heute nahezu 100% mit nachhaltigen Systemen beheizt. Im Zentrum stehen Wärmepumpen, aber auch Holzheizungen oder Wärmespeicher im Untergrund. Damit ist es auch möglich, grosse Fernwärmenetze zu speisen. Der Umbau von Elektrozentralspeicherheizungen ist in vollem Gange. Mit deren Strom können vier Wärmepumpenheizungen betrieben werden. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen. Es kommt dazu, dass der grösste Teil der Wärmepumpenheizungen in Kleinobjekte wie Ein- und Zweifamilienhäuser eingebaut wird. Der Strombedarf hält sich für diese Anwendungen in Grenzen.

    Welche Entwicklungen sehen Sie im Zusammenhang mit dem Wandel im Wärmemarkt?
    Damit die Gesellschaft die Umwelt nicht noch mehr belastet, müssen in absehbarer Zeit auch mittelgrosse und grosse Gebäude mit nachhaltigen Wärmelösungen ausgerüstet werden. Das ist der eine Megatrend und der andere kann mit dem Energiesystem Gebäude & Mobilität umschrieben werden. Beim Energiesystem Gebäude & Mobilität geht es darum, dass Wärmepumpen, mit Photovoltaikanlagen und der Elektromobilität zusammenarbeiten können. Die Chancen sind riesig. Denken wir beispielsweise an das World Wide Web. Millionen von Computern bilden ein Kommunikationssystem. So könnte es auch mit Energiesystemen aussehen. Tausende Wärmepumpen, Solaranlagen, Ladestationen und Batterien von E-Autos bilden ein Energiesystem.

    Sie strahlen eine Begeisterung für Energiesysteme aus. Können die Aargauerinnen und Aargauer auch in der nächsten Legislatur mit Nationalrat Jauslin rechnen?
    Die Arbeit als Nationalrat für die Schweizer Bevölkerung macht mir Freude. In der dritten Legislatur kann ich von den Erfahrungen und den aufgebauten Netzwerken profitieren und so für die Bevölkerung gute Lösungen erwirken. Entscheidend ist die Stimme der Wählerinnen und Wähler. Ihnen gegenüber fühle ich mich verpflichtet und würde mich auf eine weitere Amtszeit freuen.

    Redaktion

    Vorheriger ArtikelLeisere und klimafreundlichere Anflüge – dank intelligenter Assistenz
    Nächster ArtikelAusschreibung Binding Preis für Biodiversität 2023