Wege aus der Energiekrise

    Wie konnte es so weit kommen, dass die Energieversorgung in unserem hochentwickelten Land nicht mehr gesichert ist? Wer ist dafür verantwortlich? Und was müssen wir jetzt tun?

    Der drohende Strommangel – vielleicht schon im kommenden Winter – dominiert die Schlagzeilen. Energieknappheit und Versorgungssicherheit sind zu den dominierenden politischen Themen geworden. Dabei spielt der Ukraine-Krieg eine Rolle, weil weniger Gas aus Russland nach Europa kommt. Doch das reicht als Erklärung nicht aus, insbesondere in der Schweiz. Es kann nicht mehr wegdiskutiert werden: Die Energiestrategie 2050 ist gescheitert.

    Leuthards falsche Versprechen
    Um zu einer Lösung zu kommen, müssen wir analysieren, wie es soweit kommen konnte und wer dafür verantwortlich ist. Dabei zeigt sich ein Versagen auf verschiedenen Ebenen. Fangen wir mit der Energiestrategie 2050 und den damals dem Stimmvolk gemachten Versprechen an. Bei der Beratung im Parlament sagte Bundesrätin Doris Leuthard in der Wintersession 2014: «Unsicherheit gibt es insofern nicht, als man in allen europäischen Staaten in den nächsten zwanzig Jahren eine genügende Stromproduktion haben wird.» Auf die Kernenergie könne die Schweiz verzichten. Die Versorgungssicherheit sei «nicht infrage gestellt». Auf diesen Prämissen baute die Energiestrategie 2050 auf. Heute zeigte sich, wie falsch dies war.

    Doch die Probleme fingen schon früher an. Die Schweiz hat die inländische Stromproduktion seit Jahrzehnten nicht mehr ausgebaut. Stattdessen haben die Stromimporte, insbesondere im Winter, zugenommen. Die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) prognostiziert bis 2050 eine Verdoppelung, zeitweise sogar eine Verdreifachung der Importe. Dadurch werden wir noch stärker vom Ausland abhängig.

    Faktor Zuwanderung
    Ein Faktor, der gerne verschwiegen wird, ist die Zuwanderung. Denn obwohl der Stromverbrauch pro Kopf abgenommen hat, ist der Gesamtverbrauch durch die jährliche Nettozuwanderung stark gestiegen.

    Eine weitere Ursache für die Versorgungskrise liegt bei den Stromkonzernen. Statt in die hiesige Stromproduktion zu investieren, haben die teils staatlichen Unternehmen lieber in lukrative Anlagen im Ausland investiert.

    Unter dem Strich geht die Rechnung nicht auf: Der Ausstieg aus der Kernkraft führt zu massiven Einbrüchen der Stromproduktion. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Strom durch die Elektrifizierung von Verkehr und Heizung sowie durch die ungebremste Zuwanderung massiv an. Die ETH prognostiziert bis im Jahr 2050 einen rund 50 Prozent höheren Strombedarf als heute. Die erneuerbaren Energien können diese klaffende Lücke nicht füllen.

    Im Zuge der Energiestrategie wurden dem Stimmbürger im Abstimmungskampf weitere Traumschlösser vorgegaukelt. Es sei mit maximal 40 Franken pro Jahr und pro Person zu rechnen, behauptete der Bund. Wie sich zeigt, entbehren auch diese Behauptungen jeglicher physikalischen und ökonomischen Grundlage. Zudem wurden die Förderabgaben erhöht. Die Strompreise für die KMU und die Industrie gehörten 2020 deshalb zu den höchsten in Europa.

    Als ob dies alles nicht genug wäre, blockieren auch noch links-grüne Umweltverbände Bauprojekte mit erneuerbaren Energien. Erst kürzlich musste ein Projekt für ein neues Wasserkraftwerk im Wallis verschoben werden, weil sich Umweltverbände teils erfolgreich dagegen gewehrt haben – die Heimat der Steinfliege sei bedroht (kein Witz).

    So können wir Gegensteuer geben
    Wie können wir nun Gegensteuer geben? Der Bund und alle beteiligten Akteure müssen gemeinsam alles daransetzen, die Stromversorgung langfristig zu sichern. Neben kurzfristigen Massnahmen wie der Inbetriebnahme von Gaskraftwerken – eines davon steht im aargauischen Birr – muss das gesetzlich verankerte Technologieverbot gekippt werden, damit umgehend neue Kernkraftwerke forciert werden können. Überdenken muss der Bund in der gegenwärtigen Notlage auch seine Elektrifizierungskampagnen. Ausserdem müssen die bürokratischen Hürden für den Bau von Klein- und Grosskraftwerken abgebaut werden. Dies gilt auch für das Bauen ausserhalb der Bauzone, um beispielsweise Solaranlagen zu ermöglichen. Nur, wenn wir alle Hebel in Bewegung setzen, können wir die Energiekrise bewältigen und damit die Schweiz, ihre Bevölkerung und die Wirtschaft vor Not und einem Einbruch des Lebensstandards bewahren.


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